© Jeffrey Becker-USA TODAY Sports
Eine der großen Fragen der NFL Free Agency 2024 wurde am 16. März beantwortet, als die Chicago Bears Quarterback Justin Fields zu den Pittsburgh Steelers für einen 6. Rundenpick 2025 tradeten. Dass der Pick zu einem in der vierten Runde werden kann, wenn Fields 51% der Snaps in 2024 spielt, macht es nur bedingt besser.
Mit diesem Trade endet die Zeit des ehemaligen Erstrundenpicks bei den Bears nach drei Spielzeiten, was praktisch bestätigt, dass Chicago am 25. April in diesem Jahr einen Quarterback - wahrscheinlich Caleb Williams - als Nummer 1 draften wird.
Justin Fields wird sich in Pittsburgh mit dem neunmaligen Pro Bowler Russell Wilson um den Starting Job streiten.
Aber gehen wir ein wenig zurück. Es ist das Jahr 2021, auch April. Die Ära von Mitch Trubisky ging zu Ende, nachdem man teilweise vier katastrophale Jahre mit ihm verbrachte.
Wichtig für den kompletten Kontext, General Manager Ryan Pace und Head Coach Matt Nagy durften weiter bleiben. Wichtig besonders, weil man sich in Erinnerung rufen muss, welche Rahmenbedingungen der spätere Quarterback bekommen hat.
Erstmal aber ein wenig Hype und Freude. Nach einem 8-8 Record pickte man im Niemandsland der ersten Runde, kaum eine Chance auf einen Ballverteiler.
Auch wenn einige interessante Prospects in diesem Jahr dabei waren, angeführt vom sicheren Nr. 1 Pick Trevor Lawrence.
Aus irgendeinem Grund fiel ein gewisser Justin Fields von Ohio State immer weiter, und selbst Teams, die einen QB hätten gebrauchen können, verzichteten.
Dann plötzlich wurde ein Trade verkündet, die Bears gehen nach oben von Pick 20 auf Pick 11. Das, dass dies zwei First Round Picks, einen Fünftrunden- und einen Viertrundenpick kostete, war nebensächlich. Erstmal war es unglaublich, dass die Bears doch zu einem Quarterback gekommen sind und sogar mit First Round Grade.
Man holte zwar Andy Dalton für ein Jahr und 10 Millionen Dollar, aber das interessierte in diesem Moment herzlich niemanden.
Nach dem Draft kamen zwar Erinnerungen hoch von 2017 mit Mike Glennons Vertrag und dann Mitchell Trubisky. Aber hey, die Vorzeichen wurden sowas von schnell ausgeblendet.
Als Fields von den Chicago Bears gedraftet wurde, stand das Team bereits vor einem Umbruch. Viele alte Verträge und kein wirkliches Konzept im Roster Management.
Dass er nicht der Starter in Woche 1 war, kann man auf verschiedene Arten interpretieren. Selbstverständlich waren die Bears Fans euphorisch und wollten ihn sehen, aber eine „langsame Heranführung“ wäre sicherlich auch nicht schlecht gewesen. Die Umstände ließen das zu diesem Zeitpunkt aber nicht zu.
Von der Anfangszeit von Matt Nagy darf man sich sicherlich ein wenig blenden lassen. Ein 12-4 Record in 2018 und NFL Coach of the Year Award. Aber nach dem berühmten „Double Doink“ wurde der Playoff Run zunichte gemacht, und das Team erholte sich davon nie.
2021 lag die Passing Offensive auf dem letzten Platz der NFL. Am Ende stand der Record von Matt Nagy, nach 2018, bei 22-27, und er konnte in 8 Spielen nur einmal gegen den Erzrivalen aus Green Bay gewinnen.
Der Leading Receiver für Justin Fields war in diesem Jahr ein 5. Rundenpick (Darnell Mooney).
Bears Receiver 2021
Die Offensive Line fand sich im PFF Ranking zwar auf Platz 22, aber allein Center Sam Mustipher schockte mit seinem 51,8 Rating (schlechtester Wert unter allen Starting Centern in dieser Saison). Btw: Ein Lucas Patrick hatte bei den Packers in diesem Jahr einen Wert von 57,6. Entschuldigung, ich bin leicht abgeschweift.
LT Jason Peters hatte gute Spiele, bevor er sich in Woche 15 verletzte, und Teven Jenkins war in seinem Rookie-Jahr noch gar kein Faktor.
Wir konnten aber in Justin Fields' erstem Jahr seine athletische Spielweise beobachten. Nicht umsonst kam gegen die San Francisco 49ers die Szene, an die sich viele erinnern. Wunderschön kommentiert von Adam Amin. Solche Szenen würden JF1 auch in seinem zweiten Jahr begleiten.
Quelle
2022 wurde ihm dann ein neuer Coach und ein neues System vorgelegt. Mit Matt Eberflus kam ein Defensive-Minded Head Coach und mit Luke Getsy ein Offensive Coordinator, der keine Playcalling-Erfahrung hatte und im Lebenslauf lediglich die Zusammenarbeit mit Aaron Rodgers in Green Bay vorweisen konnte.
Die größte Herausforderung hatte aber der neue General Manager Ryan Poles. Zu sagen, dass er ein Chaos von seinem Vorgänger geerbt hat, wäre eine Untertreibung. Das letzte Team unter Ryan Pace und Matt Nagy war eine aufgeblähte, ineffiziente Ansammlung teurer Spieler, die nie zusammenpassten.
Dass die Entwicklung von Justin Fields hier nicht an erster Stelle stand, ist wohl verständlich. Der eingeleitete Rebuild hatte zur Folge, dass die O-Line weiterhin zu den schlechtesten der Liga gehörte. Jetzt kommt eine meiner Lieblingsdiskussionen: Sind Sacks nun QB-Stats oder nicht? Naja, Fakt ist, die rekordverdächtigen 55 Sacks musste man hinnehmen. Aber wenn man wieder PFF zur Hand nimmt, sieht man in diesem Jahr eine Run-Blocking-Grade von sogar Platz 7.
Verschwörungstheoretiker werden jetzt ganz viel Freude haben: Musste Justin Fields so viel rennen, weil die Line nur das konnte? Oder musste die O-Line sich darauf fokussieren, weil JF1 nur das kann? Würde jedenfalls erklären, warum Running QBs immer als Runningbacks geschimpft werden.
Aber es hatte etwas Gutes, man freute sich darauf, Justin Fields am Sonntag zu beobachten. Ein Gefühl, das nur wenige Bears-Fans kannten.
Für die Transparenz noch seine Anspielstationen in diesem Jahr.
Bears Receiver 2022
Selbst mit den Niederlagen hatte man doch ein sehr gutes Gefühl bei Justin Fields, und am Ende konnte man die Schuld immer jemand anderem geben. Entweder der katastrophalen Defensive oder dem Receiver, der den Ball wieder nicht fangen konnte.
Aber seien wir ehrlich, bereits dort waren die Anzeichen da. Auch wenn er sich am Ende noch verletzte und die Spiele gar nicht mehr lohnenswert waren.
Wie hoch der Hype für die Saison 2023 gewesen ist, könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Wir waren bereit, Justin Fields mit einem Nr. 1 Receiver und einer besseren O-Line auf die Liga loszulassen.
Naja, am Ende hatte irgendjemand etwas dagegen. Über das erste Spiel gegen die Green Bay Packers sollte ich mich nicht zu viele Worte verlieren. Plötzlich schien es so, als hätte man vergessen, was Justin Fields so gefährlich machte. Was hier die Hintergründe waren, bleibt wohl für immer ein Rätsel.
Man darf jedoch sowohl Coach Flus als auch Luke Getsy kritisieren. Sorry, nach zwei Spielen haben alle gesehen, dass Justin Fields nicht der reine Pocket Passer sein wird. Man kann durchaus verstehen, warum die Suche nach dem Schuldigen nicht ganz so einfach ist.
Zu den schlechten Leistungen kam dann erneut eine Verletzung. Mein Scouting für den NFL Draft 2024 begann zwar schon sehr früh, aber die Tapes der Quarterbacks wurden ab dann noch genauer analysiert.
Nach der Verletzung zeigte er noch das ein oder andere Highlight, aber es war gegen Teams, die in der Defensive durchaus Probleme hatten, und gegen andere Teams konnte Justin Fields in den entscheidenden Momenten nicht liefern.
Im Hinblick auf den praktisch geschenkten Nr. 1 Pick der Carolina Panthers (diese besiegte man sogar mit Tyson Bagent), wusste man spätestens da, dass der Abschied bevorsteht.
Dennoch möchte ich einige verbesserte Punkte liefern, nur um mein Gewissen ein wenig zu beruhigen.
Vergleich von 2021 bis 2023
Der Vergleich dazu in der Division
Nur Geno Smith hatte von allen Quarterbacks eine schlechtere Hurried % als Fields.
Wie sah es um seine Offensive Line in 2023 aus? In vielen Rankings liegen sie irgendwo um Platz 21 bis 25. Viele Verletzungen und verschiedene Line-Ups zeigten aber durchaus Verbesserungen für diese Unit. Grund dafür sind besonders First Round Tackle Darnell Wright und der wiedererstarkte Teven Jenkins. Auf Center hatte man die Wahl zwischen Pest oder Cholera. Lucas Patrick konnte den Ball snappen (ok, teilweise), dafür aber nicht blocken. Cody Whitehair war genau das Gegenteil.
Ich habe mir eigentlich vorgenommen, Luke Getsy nicht so oft zu erwähnen, aber in diesem Fall geht es nicht anders. Seine teils abenteuerlichen Schemes mit Blocking-Wide-Receivern sind an sich legitim und verbreitet in der Liga. Leider benutzte er dafür mehrheitlich die falschen Spieler. Hätte nie gedacht, dass man Equanimeous St. Brown so oft vermissen würde. Seine Rolle als Receiver in allen Ehren, sein Haupthandwerk war das Blocking.
Aber das ist gleich eine optimale Überleitung zu den Passempfängern.
Ich sprach von der Unterstützung in den ersten beiden Jahren. 2023 verbesserte sich diese enorm. Der Verantwortliche dafür: DJ Moore, welcher im Paket für den First Overall Pick gekommen ist.
Schauen wir es uns aber im Überblick an.
Vergleich dazu die Green Bay Packers
Was lernen wir daraus?
Sicherlich ist Luke Getsy im Vergleich zu Matt LaFleur kein guter Playcaller. Aber auch die Last muss auf mehrere qualitativ gute Schultern verteilt werden. Ob Fields die offenen Receiver nicht sieht, ist ein berechtigter Einwand. Sicherlich gab es solche Szenen (siehe Spiel gegen Tampa), aber die Bears-Receiver sind, abgesehen von Moore, nicht mit Separation aufgefallen. Dazu kommt die vergleichsweise höhere Anzahl an Drops.
Und erneut kann man Luke Getsy kritisieren. Es bedarf keiner 5 Minuten Sucharbeit auf Google, um seine Playcalling-Fähigkeiten in Frage zu stellen. Siehe:
Die Las Vegas Raiders widersprechen mir selbstverständlich vehement und haben ihm relativ schnell einen neuen Job gegeben.
Mir ist auch bewusst, dass, bei meinem Glück, diese Aussagen wie eine Ohrfeige wieder auf mich zurückkommen werden.
Aber was machen wir nun mit all diesen Informationen? Wahrscheinlich gar nichts.
Am Ende waren die positiven Punkte aber verständlicherweise zu wenig. Wer weiß, hätte Ryan Poles nicht den richtigen Riecher mit den Carolina Panthers gehabt, wäre die QB-Diskussion vielleicht gar nicht so hitzig gewesen.
Der krönende Abschluss war für mich aber, dass am Ende anscheinend gar kein Markt für Justin Fields da gewesen sein soll. Subjektive Einschätzungen nennt man das wohl.
Was sportlich leider nicht erreicht werden konnte, wurde vom Menschen Justin Fields mehr als übertroffen, und jeder kommende Quarterback wird daran gemessen werden.
Genau darum macht es Fans der Chicago Bears so traurig. Es hätte alles anders kommen sollen.
Danke JF1 für die Erinnerungen.
Gezeichnet, ein Bears Fan der schöneren Zeiten entgegensieht.
05.04.2024/Roki
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