Mit 18 Jahren startete Leander Wiegand seine American Football Karriere in einem Schüleraustausch in der 11. Klasse, als er auf einer High School in Oklahoma mit der Sportart in Berührung kam. Die Sportart hat schnell sein Herz erobert und so kämpfte und arbeitete er, um sich einiges Tages den grossen Traum der National Football League erfüllen zu können.
Dann die grosse Botschaft: Leander Wiegand hat eine Einladung für das 2025 International Player Pathway Programm der NFL erhalten. Der Traum ist ein Stück näher gerückt. Im Vorfeld zum Zusammenzug in Florida hat er Andri im Exklusiv-Interview Rede und Antwort gestanden. Dabei verriet er, weshalb er Rhein Fire nach dem Titelgewinn verliess und mit welchem NFL-Team er sympathisiert.
FOOTBALL BROCASTERS: Was war dein erster Kontakt zu American Football?
Ich hatte den Super Bowl mit Cam Newton gegen Denver gesehen (Super Bowl 50 2016 Anm.d.Red.). Ich war sehr beeindruckt.
FOOTBALL BROCASTERS: Hast du direkt nach deiner Rückkehr aus Oklahoma mit dem Football angefangen?
Richtig. Ich startete meine Karriere bei den Aachen Vampires. Es war ein kleiner Schock, wie wenig Hype hier im Jugendfootball war. Aber am Ende ist es der gleiche Sport und es hat mir vom ersten Training an Freude bereitet.
FOOTBALL BROCASTERS: Du spielst selbst als Offensive Lineman. Hast du deine Karriere auch auf dieser Position gestartet oder gabs da mehrere Positionen, die du gespielt hast?
Ich war deutlich schmächtiger und in der High School war natürlich klar, dass der Europäer kicken kann (lacht). Deshalb habe ich da für Kicker trainiert. Danach habe ich etwas Widereceiver trainiert, weil der Headcoach meinte, dass ich sehr grosse Hände hatte. Bei den Aachen Vampires startete ich als Defensive End und Tightend, von da aus wechselte ich die Position dann in die Offensive Line.
FOOTBALL BROCASTERS: Einen Tightend in deiner Familie gibt es ja weiterhin: Dein jüngerer Bruder, mit dem du gemeinsam bei Rhein Fire gespielt hast. Hast du ihn in die Welt des American Footballs eingeführt?
Ja, kann man auf alle Fälle so sagen. Football hat in unserer Familie keine Rolle gespielt. Mein grosser Bruder hat lange Fussball gespielt und dann Judo gemacht, ich bin da in seine Fussstapfen getreten. Dann habe ich noch Handball gespielt, was etwas physischer war und mich ebenfalls begeisterte. Für meinen jüngeren Bruder hatte der American Football nie 1:1 den Stellenwert, den er für mich hatte, aber trotzdem hat er bis anhin eine erfolgreichere Karriere als ich gehabt (lacht). Er wurde jetzt zum zweiten Mal ELF-Champion und da habe ich mich extrem gefreut, ihn auf Schalke spielen zu sehen.
Es ist extrem schön, mich mit meinem Bruder auszutauschen, einander zu motivieren und gemeinsam zu trainieren. Da bin ich extrem dankbar dafür.
FOOTBALL BROCASTERS: Das Hobby American Football hat bei dir schnell grosse Ausmasse angenommen. Von den Aachen Vampires ging es für dich in sehr jungen Jahren allein zurück in die Staaten, wo du bei der University of Central Florida ein Stipendium an einem Division-I-College erhalten hast. Wie schwer war es, Familie und Freunde in Deutschland für den grossen Traum zurückzulassen?
Ich habe super hart und lange dafür gearbeitet, um diese Chance zu erhalten. Als das Angebot kam wusste ich, dass ich diese Chance nutzen muss. Es war ein Kulturschock, weil Florida wirklich anders ist als der Rest der Welt, aber das Football-Niveau war natürlich fantastisch. Ich bin für die kurze Zeit, die ich da verbracht habe, äusserst dankbar.
FOOTBALL BROCASTERS: Wie ist das Niveau im Vergleich zum College in Florida?
Es war wirklich anders und nicht vergleichbar. Das Niveau ist anders, die Professionalität ist völlig anders und natürlich auf die finanziellen Mittel, die ein Divsion I-College im Vergleich zu den ELF-Teams hat. Von den Stationen, die ich erleben durfte, kommt Rhein Fire am ehesten an das Niveau heran, weil die einfach die alte Fanbase haben, in einem alten Stadion spielen und durch ihren Headcoach Jim Tomsula, der viel NFL-Erfahrung mitbringt, ein sehr professionell geführtes Programm. Die Intensität dort ist sehr hoch. Aber den Hype, der College Football generiert, kann man sich hier kaum vorstellen, wenn man das nicht selbst erlebt hat.
FOOTBALL BROCASTERS: Deine Zeit bei Rhein Fire war auch sehr erfolgreich. Du wurdest da 2023 ELF-Champion und in das All-Star First-Team gewählt. Und du hast sogar als Offensive Lineman einen Touchdown gegen die Helvetic Guards erzielt!
(lacht) Mein erster und einziger Touchdown als OLiner. Der Touchdown war crazy, vor allem, weil ich den mit einer Hand fangen konnte. Als kleine Anekdote: im Spielzug davor hatte ich einen Sack zugelassen und war sehr frustriert über mich selbst. Und da habe ich gemerkt: Du brauchst im Football die Short-term Memory. Du musst das Play direkt wegstecken können, um dich vollends wieder auf das nächste Play konzentrieren zu können. Unsere Defensive kreierte einen Turnover, wurde kurz vor der Goalline getacklet und ich wusste, wir hatten das Play ready, in dem ich einen Touchdown erzielten könnte. Das Play hiess «Fat Wiegand», weil unser OC allen Spielern Spitznamen verteilte und mein Bruder, der Tightend spielte, war «Skinny Wiegand».
FOOTBALL BROCASTERS: Weshalb hast du den Wechsel zu den Munich Ravens vollzogen?
Ganz einfach: Joe Thomas. Als ich erfahren habe, dass er nach Deutschland kommt, wusste ich, dass ich wechseln muss. Er ist einer der besten OLiner aller Zeiten. Es war schwer, weil ich bei Rhein Fire alles hatte und mein Bruder noch dort war, aber ich musste die Chance nutzen. Joe war noch besser, als ich mir das erhofft hatte.
FOOTBALL BROCASTERS: Jetzt steht deine grosse Chance an: Du bist Teil der International Player Pathway-Programms der NFL. Wie passierte das?
Die Spieler werden ausgewählt, man kann sich dafür nicht bewerben. Es war relativ spontan und wir hatten nur drei Wochen Zeit, um uns auf die Combine vorzubereiten. Aber die Combine war toll für mich, ich konnte Bestwerte beispielsweise beim Bankdrücken aufstellen: 33-mal die 102.5kg. Der Anruf nach der Combine, dass ich im Programm bin, bekam ich an der Uni. Es war einer meiner glücklichsten Momente in meinem Leben. Die harte Arbeit hat sich ausbezahlt.
FOOTBALL BROCASTERS: Im Januar geht’s für dich nach Florida für ein zehn-wöchiges, hartes Training im IPP-Programm. Hättest du einen Wunsch, bei welchem Team du am liebsten unterkommen würdest?
Wenn ich die Chance erhalte, spielt es keine Rolle, welche Franchise mir diese bietet. Mit meine erste Football-Erfahrung war ein Highlight-Video von J.J. Watt. Deshalb bin ich Texans-Sympathisant. Und wie viele gerade: Ich mag auch die Detroit Lions, aber die Texans kommen an erster Stelle.
FOOTBALL BROCASTERS: Vielen Dank für deine Zeit und alles Gute, wir drücken dir die Daumen!